In Berlin trafen sich dreißig Autoren aus dreißig Ländern zu einem Gespräch über europäische Werte, Vor- und Nachteile von Grenzen und die Kraft der Poesie.
Von Jörg Magenau, 11. Mai 2016
Europa ist "ein Lebensstil", "ein Café, in dem man alle Sprachen spricht", ein "Archipel voller Wortbrücken". "Europa geht bergab, und am Ende ist immer das Meer." So klingt es in dem Manifest der Schriftsteller, die sich am Montag und Dienstag in der Berliner Akademie der Künste zur 2. Europäischen Schriftstellerkonferenz versammelten. Dreißig Autoren aus dreißig Ländern kamen zusammen, um in den Zeiten der Flüchtlingskrise über europäische Werte und Kultur zu diskutieren und über Grenzen, Zugehörigkeiten und Sprache nachzudenken. Das Manifest war der Höhepunkt des ersten Tages. Jeder Teilnehmer steuerte ein paar Sätze für diese chorische Collage bei.
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Von Angst war häufig die Rede. Angst, so scheint es, ist der Treibstoff der gegenwärtigen politischen Dynamik, und Angst tendiert nach rechts. Die aus einer indischen Familie stammende, in Kenia aufgewachsene und in Berlin lebende Britin Priya Basil sprach von einer "Angstsuppe": die Rhetorik der Angst - von Finanzkrise bis zu Terrorismus und Flüchtlingsströmen - habe zu einer Erosion des Selbstbewusstseins der Menschen geführt. Dass daran auch die Medien ihren Anteil haben, die mit möglichst sensationellen Meldungen Leser gewinnen oder Klicks generieren wollen, könnte der Literatur als Medium der Nachdenklichkeit und Ruhe neues Gewicht und politische Relevanz verleihen.